Mit Sorge beobachtete das britische Militär ab 1943 die steigende Präsenz schwerer deutscher Kampfpanzer auf dem europäischen Kriegsschauplatz. Dem hatte man nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen. Zwar gab es einige Muster, die sich in der Entwicklungsphase befanden, aber dafür brauchte es seine Zeit. Gerade in Hinblick auf die geplante Invasion musste eine schnellere Lösung her.
Da kam man in der Royal Armoured Corps Gunnery School auf die im wahrsten Sinne des Wortes zündende Idee: Man verbaute einfach die bewährte britische 17-Pfünder Panzerabwehrkanone in den US-amerikanischen M4A4 Sherman-Panzer. Beide Waffenmuster standen in ausreichender Stückzahl zur Verfügung.
Aber leichter gesagt als getan! Einige Umbauten an der Kanone sowohl am Rücklauf als auch an der Zuführung der Munition waren nötig, um die volle Kampftauglichkeit bei begrenzten Platzverhältnissen zu gewährleisten. Auch auf das fünfte Besatzungsmitglied und das MG im Rumpf musste verzichtet werden.
Trotzdem hatte man mit dem auf den Namen Firefly (Leuchtkäfer) getauften Umbau einen ebenbürtigen Gegner für die Kampfpanzer Panther und Tiger geschaffen, da die 17-Pfünder (anders als die ursprünglich im Sherman verbaute 75mm-Kanone) in der Lage war, auch auf größere Distanz die schweren deutschen Panzerungen zu durchschlagen.
Rechtzeitig in größeren Stückzahlen produziert, erhielt er seine Feuertaufe bei der Landung in der Normandie. Sonst von deutschen Panzerfahrern auch gerne als “Tommykocher” verspottet, erwarb sich diese Sherman-Variante schnell einen gewissen Respekt beim Gegner. Dabei wies er außer der höheren Feuerkraft die gleichen Defizite wie z. Bsp. eine schwache Panzerung oder leichte Brennbarkeit auf.
Durch die deutlich längere Kanone schnell auszumachen, zog der Firefly beim Gegner schnell alle Aufmerksamkeit auf sich. Um dieser Aufmerksamkeit zu entgehen, malten einige Besatzungen das letzte Drittel der Kanone weiß oder himmelblau an, um aus der Ferne als vermeintlich schwächerer Standard-Sherman wahrgenommen zu werden.
Zum Modell: Mein Bausatz kam diesmal mit der Post. Bei der Entnahme aus dem Paket fällt mir die matte Oberfläche der Verpackung auf. Das Deckelbild wirkt zudem sehr ansprechend. “Ich bin etwas für anspruchsvolle Modellbauer” scheint mir der Karton sagen zu wollen.
Und dieser Eindruck bestätigt sich. Nach dem Öffnen gilt meine Aufmerksamkeit dem Turm und der oberen Wanne. Die rauen Gussoberflächen mit diversen Schweißnähten sind hier sehr schön wiedergegeben. Dazu kommt ein durchweg hoher Detaillierungsgrad. Immer wieder beeindruckend, was im modernen Formenbau heute möglich ist!
Die charakteristischen Laufrollen werden in Gummibuchsen gelagert und zusätzlich mit kleinen Metallfedern versehen. Es gibt glücklicherweise keine Gummiketten, sondern diese werden aus einzelnen Plastiksegmenten zusammengesetzt. Das wirkt deutlich authentischer, auch wenn der Aufwand nicht zu unterschätzen ist.
Die Kanone ist sogar aus einem Stück gegossen. Aber damit nicht genug! Viele der filigranen Anbauteile liegen als Photoätzteile bei. Selbst an das Lüftungsgitter für den Motor wurde gedacht. Dabei ist es nur einsehbar, wenn man das Modell auf den Kopf stellt!
Sogar das aus Stoff gefertigte Abschleppseil hat genau die Struktur des stählernen Originals! Generell fallen einem die vielen Bau-Optionen auf. Viele Veränderungen, die während der Produktion vorgenommen wurden, hat RFM bei der Entwicklung des Modells mit berücksichtigt. Sogar an die alternative Mündungsbremse für die sogenannten Treibspiegel-Geschosse wurde gedacht.
Gebaut werden können drei Versionen:
1.
Northamptonshire Yeomanry, Squadron A, Troop 3, Frankreich 1944
2.
British Guards Armoured Division, 5th Armoured Brigade, 2nd Armoured Batalion Grenadier Guards, Squadron A, Niederlande, September 1944
3.
Polish 1st Armoured Division,1st Squadron, 2nd Armoured Regiment, Großbritannien, Frühjahr 1944
Die Decals sind seidenmatt ausgeführt und sauber gedruckt.
Die Bauanleitung ist klar gegliedert, die drei Versionen werden als Farbprofile von vier Seiten dargestellt. Als Farben werden Produkte der Firma Mig angegeben. Allerdings hat sich hier ein Fehler eingeschlichen. Die Fireflies waren nicht in “Olive Drab” lackiert, sondern in dem für britische Tanks üblichen Farbton “Bronze Green”.
Fazit:
RFM hat den Firefly gut studiert und einen attraktiven Bausatz für den anspruchsvollen Modellbauer abgeliefert. Dieser wird den Preis von momentan ca. 50,00 EUR auch akzeptieren. Zwei weitere US-Versionen hat der Hersteller ebenfalls bereits ausgeliefert. Und da RFM auch für Varianten mit Innenraum bekannt ist, besteht sogar noch Hoffnung auf mehr. Eins ist somit klar: Aus dem Roggenfeld kommen interessante Modelle!
Marco Doehring (August 2020)