Vintage Kits: Matchbox´s Handley Page Halifax GR.II von 1979

Ende der Achtziger in einem Berliner Spielwarengeschäft: Ich halte diesen Bausatz in Händen und bin fest entschlossen, mein ganzes Taschengeld dafür auszugeben. Doch bevor ich zur Kasse gehe, entdecke ich noch den Halifax-Bausatz von Airfix im gleichen Maßstab. Es ist ein B.Mk.III (mit den Bristol Hercules Doppelsternmotoren) und der gefällt mir noch deutlich besser! Eine Fehlentscheidung, wie sich später zeigt, denn dieser Bausatz ist schon damals steinalt, nichts für Anfänger und wird von mir nie gebaut…

Ein neues Projekt

Dreißig Jahre später bin ich immer noch ein Halifax-Fan und entscheide mich, den Fehler von damals zu korrigieren. Warum nicht einmal versuchen, aus einem Bausatz von gestern, mit den Methoden von heute, alles herauszuholen?

Gesagt, getan: Obwohl ich inzwischen einen Original-Bausatz aus dieser Zeit mein Eigen nenne, entschied ich mich für eine Wiederauflage von Revell, vor allem wegen der besseren Qualität der Decals. Dazu kommen noch eine tiefgezogene Kanzel der Firma Falcon und Resin-Reifen von Armory.

Die Halifax besitzt einen Mix aus positiven und negativen Gravuren. Typisch für damalige Matchbox-Kits. Ich entschied mich, die positiven Gravuren wegzuschleifen und den Bausatz neu zu gravieren. Ein Aufwand, der sich in Grenzen hält, sind diese Bausätze doch recht überschaubar detailliert. Alle kleineren Fenster und Bullaugen wurden von innen schwarz lackiert und mit kleinen Gießästen gegen versehentliches Eindrücken gesichert. Zusätzlich entfernte ich noch die große Einstiegsluke am Heck und bildete den Innenbereich mit Profilen aus dem Architekturbedarf nach. Dies sollte für die geplante Diorama-Szene noch von Nutzen sein.

Ernüchterung

Wenn man sich dann während des Baus in die Fachlektüre vertieft, erkennt man allerdings schnell, dass doch mehr als gedacht an diesem Bausatz grob vereinfacht oder schlichtweg falsch dargestellt ist. Aber hier muss man der Versuchung widerstehen, heutige Maßstäbe anzulegen. Dies ist schließlich ein über vierzig Jahre alter Bausatz!

Die “Fenster-Falle”

Ja, auch ich bin in sie hineingeraten! Im Gegensatz zur Bomberversion (kann man auch aus diesem Kit bauen) hat der GR.II keine eckigen Seitenfenster im hinteren Bereich des Rumpfes. Ein Umstand, auf den die Revell-Bauanleitung (ebenso wie die von Matchbox damals) nicht eingeht. Glücklicherweise hatte ich ja die Fenster mit Gießästen von innen gegen versehentliches Eindrücken gesichert. So konnte ich die Struktur der Fenster vorsichtig abschleifen, die Ränder mit Spachtelmasse glätten und wieder alles vorsichtig überlackieren. Zu allem Überfluss stellte ich auch noch fest, dass ausgerechnet mein gewähltes Vorbild nur zwei hintere Bullaugen statt drei auf jeder Seite hat. Aber mit der gleichen Methode löste ich auch dieses Problem. So mancher Modellbauer ist darauf schon hereingefallen, wie zahlreiche Fotos von gebauten Modellen im Internet zeigen.

Endspurt

Nachdem das Modell mit Mr.Hobby-Farben lackiert und aufgehellt wurde, stellte sich folgende Frage: Welche Washing-Methode wählt man für ein überwiegend weißes Flugzeug? Ich benutze sonst Panelline-Washer von MIG. Aber den traute ich mich nur für die dunkleren Oberseiten zu verwenden. Ich entschied mich stattdessen für einen schwarzen Buntstift. Er wirkt diffuser und verpasst dem ganzen Modell durch leichtes Verstreichen der überflüssigen Farbe den gewünscht dezenten Verschmutzungsgrad. Eine alte Methode, passend zu einem alten Bausatz!

Das Vorbild

Gebaut habe ich eine Version “out of the box”: Einen U-Boot Jäger der Royal Air Force (No.58 Squadron) von 1944, stationiert im schottischen St. Davids.

Ein Schneidbrett wird dann noch zum Diorama umfunktioniert. Die verdorrte Rasenfläche ist ein guter Kontrast zum Modell. Und die beiden britischen Bomberpiloten von PJ-Produktion machen sich gut vor der Einstiegsluke!

Fazit

Der Bau war von einigen Rückschlägen und Pannen geprägt. Dennoch war es eine erfrischende Abwechslung, nach zwanzig Jahren mal wieder einen Bausatz in 1:72 zu bauen, noch dazu so einen stattlichen Viermot. Und auch wenn er mit anderen Bausätzen längst nicht mehr mithalten kann, so ist es immer noch ein “schönes Modell” im klassischen Sinne.

Marco Doehring, Stuttgart (Juli 2022)