Die Canberra war ein britischer Mitteldecker aus der ersten Generation strahlgetriebener Kampfflugzeuge. Zu Beginn der Entwicklungsarbeiten war der Zweite Weltkrieg noch in vollem Gange. Der Erstflug des als Nachfolger für die De Havilland Mosquito entwickelten Musters fand aber erst am 13.Mai 1949 statt. Zwei Jahre später erfolgte die Auslieferung der ersten Exemplare an die Royal Air Force.
Die aus der Bomberversion abgeleiteten Aufklärer und Interdiktor sind an Ihrem charakteristischen “Jäger-Cockpit” zu erkennen, welches nicht mittig, sondern an der Backbordseite angebracht ist. Insgesamt wurden 1352 Canberras produziert. Das Muster entwickelte sich zum Exportschlager. Verschiedenste Ausführungen gingen nach Australien, Argentinien, Äthiopien, Chile, Ecuador, Frankreich, Kanada, Neuseeland, Pakistan, Peru, Rhodesien, Schweden, Südafrika, Venezuela und Westdeutschland.
Größter Betreiber außerhalb des Vereinigten Königreiches war Indien. Auch die USA erkannten Ihr Potenzial und erwarben Lizenzrechte für die Produktion im eigenen Land. Die Firma Martin produzierte daraufhin 403 Exemplare unter dem Namen B-57 als Ersatz für die in die Jahre gekommenen A-26 Intruder. Der Canberra war eine lange Dienstzeit vergönnt. Allein die Royal Air Force in Deutschland flog diesen Typ etwa zwei Jahrzehnte. Die Aufklärervariante PR.9 wurde als letzte Canberra der RAF nach 55 Jahren am 23.06.2006 außer Dienst gestellt.
Zum Modell:
Neben einer Bomber- sowie einer Aufklärerversion durfte natürlich die B (I) 8 als Angriffsflugzeug für die Bekämpfung von Erdzielen nicht fehlen und so brachte Airfix seinerzeit gleich drei Ausführungen in den Handel. Die Canberra war eine der ersten Neuerscheinungen nach der Übernahme durch die Firma Hornby und in diesem Maßstab mehr als willkommen.
Das Modell ist dem Original entsprechend einfach gehalten. So erwarten den Modellbauer große, dickwandige Plastikteile mit wenigen Details und entsprechender Schlichtheit. Zum Ausgleich gibt es dafür separate Ruder und Bremsklappen sowie abgeplattete Reifen für eine realistischere Darstellung. Um das Modell weiter aufzuwerten, kam noch ein Cockpit-Set von Eduard, Fahrwerksschächte von Aires sowie ein “Ventral Gun Pack“ von Quickboost dazu. So verläuft der Bau dann auch ohne nennenswerte Schwierigkeiten.
Aber nur solange, bis man das Cockpit in den Rumpf einsetzen muss! Es wird unter eine Platte geklebt und dann von oben in eine Rumpfhälfte eingesetzt. Der Rumpf soll danach geschlossen werden. Das hat aber zur Folge, dass dann kein Teil mehr zum anderen passt und auch die Rumpfhälften sich nicht schließen lassen! Nach mehreren Fehlschlägen löste ich wieder das Cockpit von der Platte und setzte es allein in die rechte Rumpfhälfte ein. Jetzt war alles an seinem Platz. Nach Schließen des Rumpfes wurde die Platte als letzter Arbeitsschritt mit vielen Anpassungs- und Schleifarbeiten von oben eingeklebt. Sie war der Übeltäter!
Außerdem stört das übertriebene Rillenmuster auf dem Seitenruder, welches zugespachtelt werden muss. Zugespachtelt werden müssen auch die Übergänge des “Ventral Gun Pack“ zum Rumpf. Dafür wirkt es deutlich filigraner als das Bauteil aus dem Bausatz. Die restliche Montage verlief dann wieder problemlos.
Die mit Abstand schwierigste Entscheidung war die der Bemalung. Nach (sehr) langer Überlegung entschied ich mich für eine Maschine der peruanischen Luftwaffe mit einem attraktiven Wüsten-Tarnschema. Die Farben Dark Earth und Tan auf der Oberseite wurden „Hart Edge“ mit Tamiya-Klebeband aufgetragen. Dann wurden beide Farben durch lange Röllchen aus Pattafix voneinander getrennt und vorsichtig aufgehellt. Somit entsteht zwischen den beiden Farbtönen ein diffuser Schatten. Auf der Unterseite kam ein anderer Effekt zum Einsatz. Nach Auftragen der Farbe Light Aircraft Grey wird mit dem etwas abgedunkelten Grundton an einzelnen Bereichen nochmals leicht überlackiert. Danach entfernt man wieder etwas mit feinem Schleifpapier diesen Farbeffekt. Die Maschine wirkt jetzt etwas verwaschen und abgenutzt.
Als Farben verwendete ich Produkte der Firma GSI Creos (Gunze). Nach einer Versiegelung benutzte ich klassische Ölfarbe von Windsor & Newton (Burnt Sienna) für ein großzügiges Washing.
Apropos Washing: Beide Triebwerkseinläufe sollten hier auf jeden Fall vor dem Einbau damit bedacht werden. Sie wirken nach dem Lackieren etwas spielzeugartig. Ein wenig schwarze Ölfarbe in die Vertiefungen der Schaufelblätter einmassiert schafft sofort Abhilfe und gaukelt einen die charakteristische Tiefe eines solchen Triebwerks vor. Zum Abschluss noch ein paar Pigmente für Schmauch und Schmutz und eine Versiegelung mit Mattlack.
Um meinen “Peruaner“ verwirklichen zu können, benutzte ich einen Decalsatz der Firma Model Alliance, mit dem ich auch sehr zufrieden war. Dargestellt wird ein Exemplar der Grupo de Bomardeo 9, stationiert auf dem Jorge Chavez International Airport in Lima in der Mitte der Siebzigerjahre. Peru war einer der ersten Exportkunden der Canberra und bestellte von den Fünfzigern bis zu den Siebzigern viermal Maschinen dieses Typ´s. In den Neunzigern wurde die Flotte sogar noch einmal durch gebrauchte Maschinen aus Südafrika ergänzt.
Bleibt zum Abschluss die Frage: Würde ich beim nächsten Mal etwas anders machen? Nun, ich würde die Fahrwerksschächte von Aires nicht noch einmal verwenden. Obwohl die Teile detaillierter sind, passen Sie teilweise schlecht und die Ergänzungsteile für das Airfix-Fahrwerk passen sogar noch schlechter! Am Ende steht die Maschine auch nicht mit der korrekten Neigung da. Diese Mehrarbeit sollte man sich sparen!
Das mit Abstand größte Problem ist aber Ihre Hecklastigkeit. Obwohl sie mit genügend Ausgleichsgewicht (+ Sicherheitsreserve ) versehen wurde und nach einem Test mit eingesetztem Fahrwerk nicht mehr hecklastig war, wurde sie doch noch zum „Tailsitter“ in dem Moment, als die Reifen am Fahrwerk noch einmal den Schwerpunkt veränderten. Mehrere in Reihe geklebte Stangen von Anglerblei mussten durch die Seitentür im Cockpit “versenkt“ werden, um sie wieder auszubalancieren. Als Folge dessen machte es jetzt keinen Sinn mehr, die Seitentür zum Einblick in das Innere geöffnet darzustellen. Sie wird deshalb nur “angelehnt“. Das ganze Fahrwerk leidet jetzt unter dem hohen Gewicht.
Aber dann steht sie fertig vor einem und alle Ärgernisse sind vergessen. Mit Ihrer imposanten Größe und schlichten Eleganz dominiert sie die Vitrine und lässt andere 1:48er geradezu zwergenhaft erscheinen. Der Aufwand hat sich wieder einmal gelohnt.
Fazit: Ich habe nach vielen Jahren mich mal wieder an einen deutlich größeren Bausatz herangewagt und mich so indirekt gezwungen, meine „Comfort-Zone“ im Modellbau zu verlassen. Letztlich war es die Sache wert und am Ende siegt die Erkenntnis: “Size does matter“!
Marco Doehring
(Oktober 2017)